Zylinderkopfdichtung wechseln E220T M111
Etwa 2 Monate nach dem Kauf schaute ich durch Zufall mal wieder in den Kühlmittelausgleichsbehälter. Der Inhalt verhieß nichts gutes, kleine Ölpartikel deuten in der Regel auf Arbeit hin. Vier weitere Wochen beobachtet, es wurde mehr. Nützt alles nichts, bei 235.000km ist die Zylinderkopfdichtung fällig. Ran ans Werk!
Der M111 genannte 2,2 Liter Motor ist ein Paradebeispiel für einen gelungenen Spagat. Auf der einen Seite verfügt er über genügend Reserven um im heutigen Alltag ohne Probleme zu bestehen. Er geht sparsam mit Benzin und Öl um und ist ein rundum unauffälliges Triebwerk. Auf der anderen Seite fällt auf wie durchdacht er im Bezug auf die Wartungsfreudlichkeit ist. Der Zylinderkopf ist so aufgebaut das man um ihn zu demontieren kaum Vorarbeiten hinter sich bringen muss. Der Riementrieb und die für die Kühlung zuständigen Bereiche können verbaut bleiben. Sofern sie denn keiner Aufmerksamkeit bedürfen!
Vorbereitungen
Wir gehen auf Nummer sicher, neben einem Zylinderkopfdichtungssatz nebst Ventildeckeldichtungen und Kopfschrauben bekommt er eine neue Wasserpumpe verpasst. Neben etwas Kleinkram und Verbrauchsmaterial wird eigentlich nicht viel mehr benötigt. Es empfiehlt sich evtl noch die Kurbelwellengehäuseentlüftung zu erneuern, um und bei 20€ für eine ausgemerzte Nebenluftquelle. In Summe stehen knappe 250€ auf der Uhr, eine absolut überschaubare Summe wie ich finde!
An Spezialwerkzeugen braucht man auch nichts exotisches:
- Gleithammer – Zum ausziehen des Gleitschienenbolzens
- Vielzahnnuss VZ12 – Proxxon etc
- Maulschlüssel in SW27, 28 und 36
Ansonsten die üblichen Verdächtigen die in jedem Werkzeugkasten eh vorhanden sind!
Demontage
Wir beginnen damit den Viskolüfter nebst Lüfterhaube sowie den Ansaugtrakt bis hin zur Drosselklappe zu demontieren:
Bevor der Riemen runter kommt schnell noch die Schrauben der Wasserpumpenriemenscheibe anlösen, ohne Riemen ist dies eine nervenaufreibene Aufgabe!
Als nächstes lassen wir den Motor ausbluten, Motoröl und Kühlmittel müssen raus. Da der Motor das Öl in den Kühlkreislauf gedrückt hat wartet also eine nette Suppe auf uns.
Man sieht wie das Kühlmittel durch Rostpartikel und Motoröl verunreinigt wird. Zum Glück für uns dass der Schaden rechtzeitig entdeckt wurde, die Ölmenge ist noch überschaubar. Ist der Motor komplett leer sind Wasserpumpe und Ausgleichsbehälter dran, diese fliegen direkt in den Müll:
Das Rad der Wasserpumpe war schon anständig am gammeln, im Ausgleichsbehälter sammelte sich schon die Öl/Wasser Emulsion.
Nun gehts den beiden Krümmern an den Kragen. Das Ansaugrohr lässt sich leicht entfernen sofern man Drosseklappe, Einspritz-Rail, die Gas – und Getriebebowdenzüge sowie den Motorkabelbaum entfernt. Den Abgaskrümmer löst man am besten von unten, 4 x SW13 Muttern die man mit zwei Verlängerungen ganz gut erreichen kann. Die Hitzeschutzbleche vom Umlenkhebel muss man hierfür allerdings noch aus dem Weg räumen.
Ein kleiner zeitlicher Sprung und wir sind schon etwas weiter. Der Ventildeckel sowie die Nockenwellenräder sind bereits demontiert, hierfür den Motor solange drehen bis die Nockenwellenräder auf der Rückseite mit Stiften gesichert werden können:
Wichtig ist hierbei das die Nockenwellenräder zur Kette markiert werden, andernfalls besteht das Risiko das man die Steuerzeiten verstellt. Hiernach kann man die Kette zusammengefaltet in den Kettenkasten rutschen lassen, herein fallen kann sie nicht! Mit dem im Bild gezeigten Gleithammer ziehen wir noch den Bolzen und sind damit fertig mit den Vorbereitungen.
Jetzt gehts an lösen der Zylinderkopfschrauben. Vorne am Kettenkasten verstecken sich 4 Inbusschrauben. Die mittleren sieht man sofort, die beiden äußeren sind hinter den Gleitschienen versteckt.
Ab jetzt sollte man den Kettenkasten übrigens mit einem Lappen verschliessen. Wenn hier eine Schraube oder Bit etc versenkt wird muss den Motor bis unten geöffnet werden, also vorsicht!
Um die Zylinderkopfschrauben zu lösen sollte man vorher gut gefrühstückt haben, zum Glück hat der M111 nur 1o Stück davon. Damit sich der Kopf beim Ausbau nicht verzieht ist es wichtig die Schrauben in umgekehrter Anzugsreihenfolge zu lösen. Je nachdem wie es um den Motor bestellt ist kann es dann etwas Hebelkraft brauchen um den Kopf dann vom Rumpf zu lösen.
Wie man sehen kann sind die Zylinderbohrungen alle noch sehr schön, ebenso die Planfläche und Kolben. Einzig im hinteren Bereich scheint die Kopfdichtung undicht geworden zu sein. Auch hat die Bohrung hinten rechts am Rumpf bereits Rostspuren, hier ist also schon Wasser eingedrungen. Der Zylinderkopf selbst sieht ebenso aus, keine Schäden etc. Da der Motor nie überhitzt wurde und der Kopf sehr gut aussieht habe ich auf das Planen verzichtet. Dichtfläche reinigen, mit Schleifpapier abziehen und entfetten.
Der Zusammenbau
Dem Abgaskrümmer spendieren wir eine neue Dichtung aus dem Dichtungssatz und verschrauben ihn mit neuen Kupfermuttern. Die Planfläche des Motorblocks behandeln wir ebenso wie den Kopf. Mit einem Ceranfeldschaber die Dichtungsreste entfernen, dann anschleifen und entfetten. Anschliessend wird die neue Zylinderkopfdichtung aufgelegt:
Die Dichtung wird mit zwei Führungen zentriert, jetzt vorsichtig den Zylinderkopf auflegen.
Als erstes sollte man am besten die Peilstäbe, den Kühlwasseranschluss sowie die Hosenrohre wieder verschrauben. Danach gehts die Nockenwellenräder. Zuerst das Kettenrad der Einlassnockenwelle. Hierzu den Nockenwellenversteller komplett zerlegen. Zuerst die Feder, den Teller und danach das Nockenwellenrad anbringen. Etwas frickelig, mit einem Helfer aber schnell gemacht. Danach das Kettenrad der Auslassnockenwelle anbringen. Stimmen alle Markierungen überein Gleitschiene oben anbringen sowie den Bolzen der Gleitschiene rechts wieder einschlagen:
Jetzt wartet noch ein kleiner Fallstrick. Die Internetforen sind voll davon, Problemen mit dem Kettenspanner. Mercedes hat einen „Selbstlader“, sprich die benötigte Spannung wird automatisch erzeugt. Baut man den Spanner aus ist er komplett ausgefahren. Dies bedeutet das man ihn erst neu zusammen stecken muss da ansonsten eine zu hohe Spannung auf die Kette ausgeübt wird. En detail sieht das ganze so aus:
Den Metallstift schiebt man von hinten in den Kettenspanner ein, dieser rastet dann hörbar ein. Danach den Plastikstift und die Feder einstecken. So montiert schraubt man den Spanner mit einem neuen Dichtring in den Motor ein. Dabei darauf achten dass die Kette sauber in der Gleitschiene liegt. Erst jetzt kommt die mit einem Inbus verschraubte Sicherung zum Einsatz. Der Spanner hat nun genügend Spannung damit die Kette sauber durch den Kettenkasten läuft.
Weiter gehts mit dem Stirndeckel. Mit einem neuen O-Ring für den Kühlwasserflansch bestückt und ordentlich Dichtmittel auf der Rückseite setzt man den Stirndeckel ein.
Danach den Ventildeckel mit neuen Dichtungen wieder verbauen. Das Thermostatgehäuse mit allen Temperaturfühlern folgt als nächstes.
Bevor die Ansaugbrücke wieder an ihren Platz kommt noch ein Wort zum Thema Falschluft. Eine häufig auftretende Falschluftquelle ist die Kurbelwellengehäuseentlüftung. Die Schläuche härten aus und werden brüchig, der Motor reagiert hier sehr empfindlich.
Beim Ausbau des Kopfes überlegen eh nur die wenigsten Schläuche, bei meinem Zylinderkopf mussten die Reste förmlich herunter gemeisselt werden. Daher immer mitbestellen damit man hier nicht wertvolle Zeit verliert.
So vorbereitet kann man das Saugrohr mit einer neuen Dichtung wieder einsetzen!
Ab jetzt geht es relativ schnell, Zündspulen unter dem Saugrohr anbringen und die Verkabelung entsprechend verlegen. Die Unterdruckleitungen entsprechend ihrer Position verlegen und ggf. schon anschliessen. Danach kommt das Kraftstoffrail, die Zündkabel und der Motorkabelbaum wieder an seinen Platz:
Zuletzt noch den Ansaugtrakt komplettieren, Lambdasonde und Luftmassenmesser anschliessen sowie den Auspuff mit dem Krümmer verbinden. Jetzt fehlen eigentlich nur noch die Betriebsstoffe, Motoröl und Kühlmittel. Überschaubare 5 Liter 10W40 Öl nach Spezifikation 229.3 wandern in die Ölwanne. Da zu befürchten ist das der Kühlkreislauf noch Ölreste mit sich trägt bekommt der Motor vor der finalen Befüllung eine Ladung Zitronensäure verpasst. Bekommt man in jedem Supermarkt, gelöst in normalem Leitungswasser. Nicht in offene Wunden bekommen, brennt wie der Teufel!
Jetzt folgt die Stunde der Wahrheit, läuft er?
Er läuft, anfangs natürlich noch etwas ruppig. Auch vom Qualm aus Richtung des Krümmers darf man sich nicht verunsichern lassen, hier verbrennt einfach der Rostlöser.
VIDEO MOTORLAUF
In den nächsten Tagen sollte man ab und an noch mal unter die Motorhaube schauen und alles auf Undichtigkeiten hin überprüfen. Hat man gewissenhaft gearbeitet sollte aber nichts mehr kommen. Die Zitronensäure lasse ich am nächsten Tag ab, spüle ihn einmal mit klarem Wasser durch bevor er das gute G48 Glysanthin von BASF bekommt. Unterbodenverkleidung montieren, fertig!
Entspannte 2 Tage Arbeit, viele nervige Fehlerquellen eliminiert. Budget mit 250€, eine recht dankbare Angelegenheit! Zusammen mit den neuen Motorlagern läuft der Motor jetzt wieder so wie er sollte!
