Zylinderkopfdichtung wechseln E300TD OM606
Viele Dinge können einen Vorkammerdiesel ja nicht erschüttern. Von Falschluft im Kraftstoffsystem abgesehen gibt es nicht viele Gründe warum ein Mercedes Diesel zum erliegen kommt. Die letzte Generation der Vorkammermodelle trumpfte mit Vierventiltechnik auf welche mit vergleichsweise filigranen Glühkerzen ausgerüstet waren. Durch die Abgasrückführung welche verbaut werden musste um die strenger werden Abgasnormen zu erfüllen genehmigten sich die Motoren stets immer noch einen tiefen Zug der eigenen Abgase. Das Ende vom Lied? Viele Verkokungen. Und das leider auch auf den Glühkerzen. Müssen diese nun also entfernt werden hat man nur einen Versuch, reißt die Glühkerze kommt man nur noch von unten an die Reste heran. Der Zylinderkopf muss also demontiert werden.
Warum nun die große Hafenrundfahrt? Nun, ist der Kopf erst einmal demontiert bietet es sich an die Teile zu tauschen die auf dem Weg liegen. Viele davon sind nur mit immensem Aufwand zu erneuern, wenn man plant es zu einem anderen Zeitpunkt zu erledigen. Da das nervig und kostenintensiv ist machen wir es lieber gleich richtig. Ein komplett überarbeiteter Zylinderkopf wandert nun also in den E300TD!
Vorbereitungen
Ob nun die alten Teile aufgearbeitet werden oder man im Vorwege aufgearbeitete Teile nimmt ist jedem selbst überlassen. Wir hatten den Vorteil von der Schlachtung eines E300TDT der Baureihe S210 noch einen Motor vor Ort zu haben der eigentlich einem Turbo Umbau dienen sollte. Da der Zylinderkopf baugleich ist, nur die Nockenwellen sind auf eine höhere Überschneidung ausgelegt, kann dieser also auch beim OM606 Sauger verwendet werden.
Nachdem er zerlegt wurde haben wir den Kopf zum planen gebracht und die Ventile neu eingeschliffen. Die Passungen für die Vorkammern sind stark verkokt und müssen penibelst gereinigt werden damit hier späterhin keine Undichtigkeiten entstehen. Da der Kopf geplant wurde müssen die Vorkammern mit Unterlagen wieder verbaut werden. Hierbei gibt es unterschiedliche Stufen, je nachdem wieviel der Kopf geplant wurde. Zu guter Letzt werden alle abgerissenen Stehbolzen und eine Glühkerze entfernt und alle Gewinde nachgeschnitten.
Zurück auf der Werkbank bekommt der Kopf seine neuen Glühkerzen. Diese setzt man unbedingt mit der schweineteuren Paste von Beru ein, diese soll ein festbrennen der empfindlichen Kerzen verhindern:
Danach nur noch die gereinigten Ventile montieren. Nur noch allerdings in Anführungszeichen, alle 24 Ventile zu verbauen ist schon eine abendfüllende Beschäftigung. Neue Ventilschaftdichtungen sorgen dafür dass der mittlerweile negativ aufgefallende Motorölverbrauch auf ein Minimum sinkt:
Teileumfang
- Zylinderkopfdichtung
- Ansaugkrümmerdichtung
- Abgaskrümmerdichtungen
- Ventildeckeldichtung
- Glühkerzenschachtdichtungen
- ggf. Vorglührelais
- Leckölleitungen
- Ventilschaftdichtungen
- Distanzscheiben für Vorkammern
- Wasserpumpe
- Riemendämpfer
Montage & Verbrauchsmaterial
- Rostlöser
- Dirko HT / Hylomar
- Motoröl
- Kaltreiniger
- Kühlmittel
So vorbereitet kann stürzen wir uns auf den E300TD und reißen ihn endlich auseinander!
Demontage des Zylinderkopfes
Jetzt starten wir mit der eigentlichen Arbeit. Das Saugrohr verschwindet zusammen mit dem Luftfilterkasten als erstes. Danach demontiert man das Geraffel der Abgasrückführung und die Einspritzleitungen auf den Einspritzdüsen. Kappt man nun noch die Leckölleitungen kann man als nächstes den Ventildeckel entfernen.
Die beiden Abgaskrümmer weicht man am besten schon Tage vor der Demontage ein, die Bolzen reissen gerne mal ab!
Nun noch alles an Klöderkram vom Zylinderkopf abschrauben. Riemenspanner, Kühlmittelschläuche vorne und hinten und die Peilstäbe. Dann das grosse Kettenrad an der Nockenwelle mit mehreren Kabelbindern fixieren und das Kettenrad lösen. Mit einem Gleithammer zieht man dann den Bolzen der oberen Gleitschiene.
Jetzt noch die kleine Anzahl von 26 Zylinderkopfschrauben ziehen und der Kopf kann mit einem Gummihammer zum verlassen seines angestammten Platzes überredet werden:
Die Brennräume, Kolben und Hohnbilder in den Zylindern sehen alle noch makellos aus. Nur die Diesel üblichen Verkokungen und Reste der alten Kopfdichtung:
Vorbereitungen für den Einbau
Der Dichtungsentferner von Reinz leistet hier wieder gute Dinge bevor man die Reste mit einem Ceranfeldschaber entfernt. Im Anschluss wird die Planfläche mit Schleifpapier, 300er Körnung abgezogen:
Einbau des neuen Zylinderkopfes
Sind alle Unebenheiten entfernt wird alles gereinigt und entfettet. Die neue Kopfdichtung wird aufgelegt und ihr Sitz kontrolliert. Meines Wissens nach nicht im Zubehör erhältlich kostet die normale Dichtung schon 140€ bei Mercedes, die dickere Reparaturausführung ist mit knappen 300€ kein Schnapper mehr! Hier besser alles richtig machen, die Dichtung will man kein zweites mal kaufen.
Was beim M102 und M111er Vierzylinder noch alleine geht ist hier ohne Hilfe nicht mehr möglich. Das Aufsetzen des neuen Kopfes würde allein ausgeführt die Kopfdichtung definitiv beschädigen:
Zuerst werden die Zylinderkopfschrauben verteilt und dann nach dem vorgesehenen Schema angezogen. Hier am besten schon mit einem ordentlichen Hebel arbeiten!
Alle 26 Schrauben zu verteilen und grob anzuziehen ist eine harte Aufgabe, dann gemäß den WIS Vorgaben anziehen:
Jetzt kommen die Nockenwellen an ihren Platz zurück, welche vorsichtig von der Mitte heraus festgezogen werden. Die Nockenwellen wieder zueinander ausrichten und am Kettenrad montieren.
Die Schächte der Einspritzdüsen unbedingt neu abdichten, hier habe ich den Fehler gemacht nur die unteren Dichtungen zu erneuern. Infolgedessen lief Motoröl von oben in die Vorkammer, sehr unschön.
Über den Vorkammern müssen neue Flammscheiben montiert werden, darauf folgen dann die Einspritzdüsen. Um auf der sicheren Seite zu sein durften die Düsen übrigens vom Einbau beim Bosch-Dienst des Vertrauens auf den Prüfstand. Zwar eingeölt gelagert, aber am Ende leider doch viel länger als gedacht. Heraus kam das bei 297.000km keine wirklichen Überraschungen zu Tage traten, Öffnungsdruck, Spritzbild, alles so wie es sein sollte.
Also eingebaut:
Sind die Düsen festgezurrt kann der Ventildeckel vorbereitet werden. Wie bei allen langen Sechsendern neigt die Dichtung im hinteren Bereich dazu beim Einbau zu verrutschen. Infolgedessen schiesst teilweise sturzbachartig das Motoröl hinten übers Getriebe. Um das zu vermeiden habe ich mir angewöhnt alle Ventildeckeldichtungen einzukleben oder sie zumindest mit Hylomar etc zu fixieren.
Diesmal war die Dichtmasse Reinzosil zur Hand mit welcher die neue Dichtung unter den frisch pulverbeschichteten Ventildeckel gewandert ist:
Wenn die Stirnwandverkleidung hinterm Motor demontiert ist kann eigentlich nichts mehr schief gehen.
Den Deckel dann über Kreuz verzurren und die Dieselleitungen verschrauben. Da im gleichen Atemzug auch die Einspritzpumpe neue Dichtungen an den Druckhalteventilen bekommen hat hier jetzt penibel auf einen sauberen Leitungsverlauf achten.
Da die die Ölmotoren eine Rücklauffunktion für überschüssigen Diesel haben müssen jetzt noch die sogenannten Leckölleitungen montiert werden. Jede Düse hat hierbei zwei kleine Nippel wovon der letzte am sechsten Zylinder verschlossen wird. Nach vorne hin verlaufen dann Schläuche die den überschüssigen Diesel wieder in den Vorfilter befördern.
Ist das alles verbaut, Kühlmittel und Motoröl aufgefüllt kann man schon den ersten Testlauf in Angriff nehmen. Das Kraftstoffsystem ist natürlich noch voll mit Sauerstoff, daher den Akku vorher ordentlich durchladen und dann am Vorfilter direkt frischen Diesel (oder was sonst so öliges herum steht) in den Vorfilter drücken. Sobald genug Unterdruck entstanden ist kommt der Vorlauf vom Tank auf den Vorfilter.
Der Motor muss jetzt tatsächlich erst einmal ein paar Kilometer laufen und warm werden. Kühlkreislauf entlüften und nicht wundern wenn der Motor noch anständig bläut, es hat eine Weile gedauert bis die Kraftstoffleitungen und Einspritzdüsen komplett entlüftet waren:
In den nächsten Tagen öfter mal unter die Haube schauen und nach Undichtigkeiten ausschau halten.
Herrlich wenn die Vorglühanzeige nach 10 Sekunden erlischt wie sie es soll und auch morgens bei einstelligen Temperaturen keine Wolken aus dem Auspuff kommen!
In jedem Falle war diese Überholung sehr lehrreich, der erste Diesel-Sechszylinder. Da das Projekt über mehr als 12 Monate verteilt war ist leider auch einiges schief gegangen da man immer wieder von vorne angefangen hat. Aber das gehört dazu! Fakt ist jedenfalls, ein überholter OM606 ist einfach eine Wucht und der Sound kann schon süchtig machen!
Fazit: Vierventil-Vorkammer Diesel können gut ins Geld gehen. Nervige Glühkerzen die abreissen bedeuten fast immer einen Besuch beim Motoreninstandsetzer. Für das was diese Aktion gekostet hat lassen sich locker 4-5 Vierzylinder überholen, kein Witz! Wirtschaftlich ist das daher eher nicht. Aber darum ging es hier ja auch nicht! 🙂
